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Erhard Göhlich *04.10.1936 † 07.02.2020


Portrait (VDGN 2/2020)

Lebenslauf eines Meisters

von Anja Reynolds

 

In den VDG-N 01/2020 war der Nachruf von Erhard Göhlich zu lesen. Zu Ehren des äußerst geschätzten Menschen und Fachmanns beschreibt Anja Reynolds, eine ehemalige Auszubildende, im folgenden Bericht den Lebenslauf ihres Meisters, der nicht nur für sie, sondern auch für viele andere ein großes Vorbild war.

Erhard Göhlich wurde am 04.10.1936 in Rothsüben, Kreis Breslau in Schlesien geboren. Sein Vater Erich Göhlich startete seinen beruflichen Werdegang als Gutsverwalter und wurde später Glasschmelzer beim Jenauer Glaswerk Schott in Mainz, in dem auch seine beiden älteren Schwestern Bärbel und Johanna tätig waren.

 

Der Weg zum und im Beruf

Die schulische Laufbahn Erhard Göhlichs beschreibt den Besuch der Volksschule in Zirlau (Schlesien) und einen Wechsel nach Zwiesel in den Bayerischen Wald. Im Anschluss begann eine zweijährige Ausbildung in der Staatlichen Fachschule für Glasindustrie in Zwiesel. Es folgte ein Praxisjahr in der Glasbläserei Dr. Dinkelacker & Co. In Mainz.

Die Herausforderung der Fortbildung führte den jungen Mann nach Aachen und Wuppertal zum Meisterkurs und auf weiterführende Hochvakuum-Kurse zu den Firmen Leybold und Heraeus. Mit den erworbenen Qualifikationen bestens gerüstet, arbeitete Erhard Göhlich von 1953 bis1955 im Jenaer Glaswerk, Schott & Gen in Mainz als Glasapparatebläser. Von dort wechselte er für ein Jahr zur Glasbläserei Bruno Kummer nach Freiburg.

Die Möglichkeit als Quarzglasbläser arbeiten zu können ließ den Fachmann von 1956 bis1958 zur Heraeus Quarzschmelze nach Hanau wechseln. Neugierig trieb es ihn um und so lockte erneut Aachen und das dort ansässige Philips Zentrallabor, welches einen Glasapparatebläser suchte, in dem er von 1958 bis1964 arbeitete. Nach all den Jahren erfahrungsreicher Praxis rückten Führungsaufgaben in den Vordergrund, denn ein Wechsel zu Büchi Labortechnik in Konstanz beförderte Erhard Göhlich von 1964 bis 1973 zum Betriebsleiter. Eine Verknüpfung von Führungsqualitäten und Praxis ließ sich durch eine weitere berufliche Veränderung, mit einer Anstellung als Produktionsleiter und Glasbläsermeister von 1973 bis 1984 im Karlsruher Glastechnischen Werk Schieder, verwirklichen. 1984 lockte das Forschungszentrum Karlsruhe, in dem er bis zu seinem Renteneintritt im Jahr 1999 arbeitete. Doch blieb er nach wie vor dem Karlsruher Glastechnisches Werk Schieder durch beratende Tätigkeiten verbunden. Erhards Berufsweg war geprägt vom Glasapparatebau. Handwerkliche Umsetzung und Maßgenauigkeit faszinierten ihn.

 

Erhard Göhlich war ein vielseitig interessierter Mensch

Er engagierte sich unter anderem mit Hingabe im Freundeskreis des Badischen Landesmuseums und im Sportund SchwimmClub Karlsruhe und war vor allem über lange Jahre ein äußerst wertvolles und sehr aktives Mitglied im VDG. Von seinem Eintritt 1979, bis zu seinem Schlaganfall 2015 begleitete er das Geschehen des Verbandes mit Leib und Seele. Sei es als Beiratsmitglied, Kassierer, Schriftführer oder im Ältestenrat. Auffallend waren dabei nicht nur seine dialektfreie deutsche Sprache und sein seriöses Auftreten. Er war in all seinen Ämtern ein charmanter und einfallsreicher Stratege. Für seine besonderen Leistungen wurde ihm 1994 auf dem Fortbildungsseminar im Steigenberger Konzil Hotel in Konstanz der VDG - Ehrenpreis als erstes Ehrenmitglied verliehen.

 

Ein wunderbarer Ausbilder

Erhard Göhlich hat es für mich, als eine seiner ehemaligen Auszubildenden wunderbar verstanden, junge Menschen zu motivieren. Stets hatte er ein offenes und geduldiges Ohr. Es schien ihm nie eine Frage zu anstrengend, denn meiner unablässigen Neugierde nach Wissen und unterschiedlichen Arbeitstechniken begegnete er immer sehr geduldig und hilfsbereit. Fröhlich und gut gelaunt hat er mich in den VDG eingebunden und unter anderem dazu animiert, gemeinsam auch mit den großen Meistern vorzuführen. Sein Wesen war es, welches auch mich stets motivierte und mir deutlich machte, nicht immer auf alles eine Antwort haben zu müssen, sondern man durchaus auch die Größe besitzen darf, Hilfe erbitten zu können. Sein Name öffnete mir Türen und seine Lebensweise begleitet nach wie vor mein Leben, nicht nur im Beruf.